
Nippon Connection – Die Geschichte ¼
Die Nippon Connection Story
Jedes Jahr zwischen Mitte Mai und Anfang Juni taucht das Nippon Connection Filmfestival die Stadt Frankfurt am Main sechs Tage lang in Pink. Als weltweit größtes Festival für japanischen Film zeigt es über 100 Kurz- und Langfilme, die spannende Einblicke in die Filmkunst Japans bieten. Zahlreiche Filmschaffende und Künstler*innen aus Japan reisen regelmäßig an, um ihre Werke persönlich vorzustellen. Mit einem abwechslungsreichen Rahmenprogramm lädt das Festival dazu ein, die vielen Facetten der japanischen Kultur zu entdecken. Seit 2013 dienen das Künstler*innenhaus Mousonturm und das Produktionshaus NAXOS als Festivalzentren.
Die Anfänge
Ende der 1990er Jahre entstand alles aus einer einfachen Idee. Die filmbegeisterten Studierenden Marion Klomfaß und Holger Ziegler, beide erfahren im Bereich Kino und Filmfestivals, wollten an der Frankfurter Goethe-Universität Filme aus Japan präsentieren. Denn obwohl japanische Filme damals auf großen internationalen Festivals Erfolge feierten, blieben sie im deutschen Kino und Fernsehen rar. Mit Unterstützung einiger Mitstreiter*innen starteten sie 1999 die Planung ihres studentischen Projekts.
Marion Klomfaß gewann bei einem Preisausschreiben ein Flugticket nach Japan und besuchte im Oktober 1999 zum ersten Mal das Yamagata International Documentary Film Festival und das Tokyo International Film Festival. Dort sichtete sie aktuelle japanische Filme und knüpfte erste Kontakte. Im April 2000 fand schließlich das erste Nippon Connection Filmfestival im Studierendenhaus der Goethe-Universität in Frankfurt-Bockenheim statt. An vier Tagen wurden 13 Filme gezeigt. Schon damals legte das Organisationsteam Wert auf ein umfangreiches Rahmenprogramm, um das Publikum anzulocken und auch für unbekannte japanische Filme mit Untertiteln zu begeistern. Die Besucherzahl der ersten Festivalausgabe übertraf die Erwartungen bei Weitem: Statt 1.500 kamen rund 10.000 Besucher*innen, die großes Interesse an aktuellen japanischen Filmen und Kultur zeigten und das Konzept bestätigten.
Der überwältigende Erfolg motivierte das Team, das Festival fortzusetzen. Während einer einjährigen Pause wurde der gemeinnützige Verein „Nippon Connection e.V.“ gegründet und das zweite Nippon Connection Filmfestival für 2002 geplant. Von da an sollte das Festival jährlich stattfinden. Bereits 2002 präsentierte das Festivalteam Video-Produktionen in der Reihe „Nippon Digital“ und organisierte mit dem Künstler*innenhaus Mousonturm die erste Ausstellung.
Die Nippon Connection Awards
Mit dem „Nippon Connection Newcomer Award“ wurde 2002 erstmals ein Preis für einen Film beim Festival vergeben. Gewinner war BLUE SPRING von Toshiaki TOYODA. 2003 wurde die erste Retrospektive „Nippon Retro“ mit Filmen von Shuji TERAYAMA im Deutschen Filmmuseum Frankfurt gezeigt und es fanden Veranstaltungen in Kooperation mit dem Literaturhaus Frankfurt statt. Seit 2005 wird der Publikumspreis „Nippon Cinema Award“ vergeben, ab 2006 vom Frankfurter Bankhaus Metzler gestiftet. 2010 kürte zum ersten Mal eine internationale Jury den Gewinner des „Nippon Digital Award“ (seit 2011 „Nippon Visions Jury Award“), der Nachwuchsfilmschaffende fördert und von der Japan Visualmedia Translation Academy gestiftet wird. Seit 2012 gibt es beim Festival ein eigenes Programm für Kinder („Nippon Kids“). Von 2012 bis 2014 prämierte der „VGF Nippon in Motion Award“ den besten 12-Sekunden-Spot.
Ein wichtiger Schritt hin zur Professionalisierung des Festivals war 2013 der Umzug vom Studierendenhaus an die heutigen Hauptspielorte: das Künstler*innenhaus Mousonturm und das Produktionshaus NAXOS in Frankfurt-Bornheim, die beide auch heute noch als Festivalzentren dienen.
2014 war das erste Jahr, in dem der Publikumspreis „Nippon Visions Audience Award“ vom Japanischen Kultur- und Sprachzentrum Frankfurt gestiftet wurde. Von 2015 bis 2022 wurde der „Nippon Honor Award“ an Persönlichkeiten verliehen, die sich in besonderer Weise um den japanischen Film verdient gemacht haben. Preisträger*innen waren Tadanobu ASANO (2015), Kiyoshi KUROSAWA (2016), Koji YAKUSHO (2017), Shinobu TERAJIMA (2018), Shinya TSUKAMOTO (2019) und Masatoshi NAGASE (2022). Seit 2019 werden mit dem Publikumspreis „Nippon Docs Award“ auch Dokumentarfilme ausgezeichnet. Seit 2023 gibt es den „Nippon Rising Star Award“ für herausragende Nachwuchstalente des japanischen Kinos. Die Gewinner*innen waren bisher Toko MIURA (2023), Kotone FURUKAWA (2024) und Kosuke HAYASHI (2025). Seit 2024 gibt es mit dem „Nippon Storytelling Award“ einen Preis für das beste Drehbuch, der von der Storymaker Agentur für Public Relations gestiftet wird.
Der japanische Film aus wissenschaftlicher Perspektive
Seit seiner Gründung als studentische Initiative spielt die akademische Beschäftigung mit dem japanischen Kino eine wesentliche Rolle bei Nippon Connection. Internationale Expert*innen geben in Vorträgen und Diskussionen Einblicke in die japanische Filmkultur. Mit der Kinema Club Conference fand bereits zweimal eine der wichtigsten internationalen akademischen Veranstaltungen zu Film und Medien aus Japan im Rahmen des Festivals statt (2007 und 2015). Eine weitere Konferenz ist für 2025 geplant.
Nippon Connection Online
Wegen der Covid-19-Pandemie fand das Nippon Connection Filmfestival 2020 und 2021 online statt. Die Filme liefen auf einer eigenen Video-on-Demand-Plattform, während das Rahmenprogramm mit Vorträgen, Workshops, Podiumsdiskussionen und Konzerten per Livestream in die heimischen Wohnzimmer gelangte. Das Online-Angebot stieß auf große Resonanz und erreichte ein internationales Publikum. 2022 fand das Festival hybrid statt.
Publikumsrekorde
Seit 2023 findet das Nippon Connection Filmfestival wieder ausschließlich in Präsenz statt. Die Besucher*innenzahlen sind auf rund 19.000 (2024) gestiegen. Die Fans des Festivals kommen nicht nur aus Deutschland, sondern reisen aus der ganzen Welt nach Frankfurt am Main, um die neuesten japanischen Filme zu sehen und die Macher*innen zu treffen. Nippon Connection hat sich mit über 100 jährlich gezeigten Kurz- und Langfilmen zur größten Plattform für japanischen Film weltweit entwickelt. Die meisten Filme erleben beim Festival ihre Deutschland-, Europa-, internationale oder Weltpremiere.
Im Rahmen des Festivals wurden zahlreiche Regietalente entdeckt und in ihrem Schaffen kontinuierlich begleitet. Dazu gehören unter anderem Nobuhiro YAMASHITA, Toshiaki TOYODA, Shuichi OKITA oder Yuki TANADA.
Ein wichtiges Anliegen des Festivals ist es, den Austausch zwischen Publikum und Filmschaffenden zu fördern. Jedes Jahr stellen zahlreiche Regisseur*innen, Schauspieler*innen sowie Produzent*innen ihre Filme persönlich vor und beantworten Fragen des Publikums. Zu den bisherigen Gästen zählen Größen des japanischen Kinos wie Kaori MOMOI, Koji WAKAMATSU, Shinsuke SATO, Yukihiko TSUTSUMI, Ryuichi HIROKI, Kazuyoshi KUMAKIRI, Sakura ANDO, Masaharu TAKE, Miwa NISHIKAWA, Akira OGATA, Tomorowo TAGUCHI, Koji YAMAMURA, Isao YUKISADA, Kiyohiko SHIBUKAWA und Junji SAKAMOTO.
Ein ausgezeichnetes Filmfestival
Auch in Japan blieb der Erfolg von Nippon Connection nicht unbemerkt. Schon 2004 lud das japanische Kulturministerium (Bunkacho) die Festivalorganisator*innen nach Tokio ein, um an einem Symposium über die Wirkung des japanischen Films im Ausland teilzunehmen. Es folgten weitere Einladungen zu Diskussionsveranstaltungen und Filmfestivals in Japan und Europa. Im Juli 2013 wurde Festivalleiterin Marion Klomfaß vom japanischen Außenminister für ihre Verdienste um den japanisch-deutschen Kulturaustausch mit der Gaimu Daijin Hyosho-Urkunde ausgezeichnet. 2020 erhielt Nippon Connection e.V. den renommierten JaDe-Preis. 2023 wurde an Marion Klomfaß der japanische Orden der Aufgehenden Sonne, Goldene und Silberne Strahlen verliehen.
Nippon Connection bietet nicht nur auf der Leinwand etwas fürs Auge: Seit 2000 prägt ein auffälliges Corporate Design das Festival. Die markanten Poster in zartem Rosa bis leuchtendem Pink ziehen jedes Jahr inmitten der Plakatflut die Blicke auf sich und gewannen bereits zahlreiche deutsche Kreativ- und Designpreise. Von 2000 bis 2009 gestaltete Kai Bergmann die Festivalkampagnen, von 2010 bis 2014 übernahmen Alexander Lis und Katja Baumann, seit 2015 entwirft Il-Ho Jung das Design.
Weitere Projekte
Neben dem Festival organisierte das Team zahlreiche weitere Projekte, wie zum Beispiel die Veröffentlichung der Musik-CD „Nippon Connection – The Tokyo Metro Soundtrack“ im Jahr 2003. Aus Sounds der Tokioter U-Bahn, die die Festivalmacher*innen in Tokio aufgenommen hatten, schufen deutsche Musiker*innen einen imaginären Soundtrack der japanischen Mega-City. Im April 2005 erschien die Doppel-CD „Nippon Connection Exchanging Tracks“, bei denen traditionelle japanische Musikstücke von renommierten Musikern aus Europa und den USA neu interpretiert wurden. Unter dem Projekttitel „Exchanging Tracks“ drehten japanische Regisseure zu den Musikstücken Kurzfilme, die beim Festival gezeigt wurden.
Bis 2010 gingen unter dem Titel „Nippon Connection Film Festival On Tour“ außerdem einige Filme der Sektion Nippon Visions auf die Reise durch verschiedene Städte weltweit (u. a. New York, Barcelona, Berlin).
Von 2020 bis 2022 wurde zudem eine Auswahl des Filmprogramms nach dem Festival für einen Monat als „Nippon Connection On Demand: Replay!“ online angeboten.
Seit der Covid-19-Pandemie präsentiert Nippon Connection im Laufe des Jahres auch regelmäßig japanische Filme in Kooperation mit Kinos und Institutionen im Rhein-Main-Gebiet.
Ehrensache
Trotz seiner Größe und der zahlreichen Projekte des Vereins Nippon Connection e.V. arbeitet das Organisationsteam größtenteils ehrenamtlich. Das diverse Team besteht aus mittlerweile rund 80 Personen verschiedener Altersklassen und Nationalitäten. Während des Festivals unterstützen über 100 Freiwillige das Team, alle mit einer gemeinsamen Leidenschaft für Japan und den japanischen Film. Jedes Jahr ist es für das Team eine neue Herausforderung, die Festivalfinanzierung zu sichern, die sich aus verschiedenen Förder- und Sponsorengeldern zusammensetzt. Fans von Nippon Connection können das Festival über die Online-Plattform betterplace.org mit Spenden unterstützen oder auch Fördermitglied werden. Auch nach 25 Jahren ist der Enthusiasmus ungebrochen, die japanische (Film-)Kultur in Deutschland bekannt zu machen und es gibt immer wieder neue Ideen, die umgesetzt werden wollen.